Der Regenschutz
Bei einer Tagestour eine einfache Angelegenheit: Es gibt Wetterberichte. Gut, sie stimmen nicht immer, aber für den Fall der Fälle schmeißt man einfach irgend eine ohnehin vorhandene Regenjacke in den Rucksack. Kommt es dann allzu ungemütlich bricht man einfach ab, geht nach Hause und macht sich einen Tee. Alles gut.
Ganz anders beim Fernwandern: Hier bist Du den Naturgewalten ausgesetzt, kannst nicht zurück zum Auto und Heim; Du wirst auch kaum wegen einem schlechten Tag gleich Deine Tour abbrechen wollen. Gerne wird gesagt, es gäbe kein schlechtes Wetter – nur schlechte Kleidung. Dem mag ich widersprechen, hier ein wenig aus meine Repertoire: Sichtweite unter 3 Meter, Hagel, Gewitter, jenseits 40° und dann am Steilhang ohne Schatten – bei solchen Wetterverhältnissen gibt es schlicht keine Kleidung, die irgend etwas zum Guten wenden könnte. Schlechtes Wetter existiert, der abgedroschene entbehrt jeglichen Bezug zur realen Welt; Es gibt auf diesem Planeten durchaus Wetter, bei dem man guten Gewissens besser keinen Sport betreibt und/oder besser nicht vor die Türe geht. Anyway:
Gehe bitte hiervon aus: Du wirst bei einer Fernwanderung nass werden, Dein Regenschutz wird Dich nicht einen ganzen Tag trocken halten können. Der Inhalt Deines Rucksackes aber muss trocken bleiben (Raincover!), und alles was Du bei Regen an hast muss in der Lage sein über Nacht zu trocknen.
Für das Wandern im Regen bieten sich Dir folgende Optionen, die alle Vor- und Nachteile aufweisen:
1) Regenjacke
Wohl die beliebteste Variante um beim Wandern Regenwetter zu begegnen, und ergänzend gibt es Regenhosen. Hinsichtlich Fernwandern muss bedacht werden, dass der schwere Rucksack auf die Jacke drückt und eventuell Wasser durch ansonsten durchaus dichtes Material zu massieren vermag (oder dieses gar mechanisch zerstört!). Die Regenjacke für Fernwanderer ist daher eher nicht das einfachste Modell, und basiert auch niemals auf Imprägnierungen (!). Nachteil der Regenjacke ist, dass man darin schwitzt. Egal wie super toll atmungsfähig das neue Hyper-Schlagmichtot Material gepriesen wird: Ist draußen wie drinnen Feuchtigkeit, kann kein Wasser von drinnen nach draußen gepumpt werden: Es gibt schlicht keine Pumpe und keine Energiequelle für den Transport von Wasser. Bei einem beliebten Outdoormaterial sollen z.B. Temperaturunterschiede beides bereitstellen, doch ob es diesen Temperaturunterschied auf Deiner Tour auch ausreichend geben wird… (Auch beim Schuhkauf darf man die Funktionsweise von Textilien und Membranen hinterfragen!) Theorie + Labor + Werbung muss nicht Deine Praxis ergeben. Auch Testergebnissen oder Bewertungen in Online-Shops würde ich keine Beachtung schenken. Eine Regenjacke kann perfekt funktionieren, aber es gibt ganz sicher zu jeder Regenjacke Umstände, in denen sie komplett versagt.
2) Regencape
Sehr viel luftiger als Jacken, da weiter geschnitten; Man schwitzt darunter seltener. Zudem gibt es Modelle, die auch den Rucksack bedecken (kein Druck durch den Rucksack auf diesem Material). Und in aller Regel sind sie auch länger als Jacken. Von daher: Ein klarer Sieg für die Ponchos? So einfach ist es leider nicht: Wenig Wind genügt, und der Poncho klebt förmlich an einem. Und das kann unterwegs sehr unangenehm sein. Eine Regenjacke kannst Du zudem als weitere Schicht für Wärme und Windschutz nutzen, ein Regencape (meist) wirklich nur für Regen. Und noch einen Nachteil haben sie: Deine Arme und Hände sind etwas eingeschränkt, und auch Karte oder GPS sind nur schlecht handhabbar.
3) Regenschirm

Schwitzen ist hier gar kein Thema. Auch gibt es spezielle Outdoor Regenschirme, die klein und leicht sind – und hierbei sogar den leichtesten Jacken die Stirn bieten. Wird es etwas windig, kann (oder vielmehr: muss) man sie so ausrichten, dass sie den Regen optimal abhalten. Schwierig wird es aber, nimmt der Wind zu: Dann können sie versagen. Die kleinen und leichten Outdoorschirme sind natürlich so klein wie möglich, was sie wiederum recht unkomfortabel macht. Und eine Hand immer starr, nass und frierend am Schirm? Und wohin mit dem nassen Schirm hört es auf zu regnen? Spaß macht ein solcher Schirm beim Fernwandern m.E. nicht, er ist eher etwas für den kurzen Schauer auf einer Tagestour.
Aber: Es gibt zwischenzeitlich auch etwas größere und dennoch leichte Outdoor Regenschirme speziell zum Wandern, und einen solchen kann ich nur empfehlen: Er wird am Hüftgurt und am Schultergurt des Rucksacks befestigt, und seine Höhe ist variabel verstellbar. Die Hände sind frei, und es wandert sich wunderbar damit. Als Nachteil bleibt allerdings ein doch recht umständliches Handling, sowie seine sperrige Größe.
Im Gespräch wird stets behauptet, man müsse ja dennoch eine Regenjacke mit sich führen (als einziger Schutz würden Schirme nicht taugen), warum sich also das zusätzliche Gewicht eines Schirmes antun? Nun, in den vergangenen Jahren habe ich es doch tatsächlich gewagt die Regenjacke einfach zu Hause zu lassen, und habe nur den Schirm mitgenommen; Vom Gewicht her gibt sich das nichts (!), und vermisst habe ich die Jacke auch bei übelstem Wetter nicht, im Gegenteil: Bei einer ganzen Woche im starken Regen hätte ich eine Tour definitiv abgebochen, wäre mein Regenschutz eben nicht ein solcher Schirm gewesen.