7. Etappe:Hessental – Fichtenberg

Video: Etappen 7+8

Checkliste

RegionNaturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald
Länge23,3 km
rauf & runter↑ 540 m, ↓ 560 m
GPX Track07.gpx
Datum30.10.2021

 

Wandernotizen

Noch am Donnerstag hieß es für die kommende Zeit: viel Regen, jeden Tag, keine Änderung in Sicht. Doch dann weissagte ein Wetterbericht Freitags ein Regenloch für den Sonntag, also sofort mehrere Datenquellen und deren Vorhersagen ausgewertet und beschlossen: Das wird riskiert, zwar könnte ich am Samstag nass werden, aber der Sonntag hat tatsächlich eine Chance auf gutes Wetter in einem herrlichen Herbstwald. Passt es dann doch nicht, kann ich innerhalb akzeptabler Distanzen auch abbrechen.

Übernachten in Fichtenberg ist allerdings gar nicht so ohne: Im ersten Hotel nimmt erst niemand meine Anrufe entgegen, und hat man dann mal jemand wird aufgelegt, sobald man erklärt man komme als Wanderer. Die zweite und letzte Option nennt sich selbst zwar „Hotel“, doch handelt es sich eher um eine Sisha-Bar mit Fremdenzimmer – kein Abendessen, kein Frühstück; Dabei verspricht die Webseite beides… Aber immerhin bekomme ich ein Zimmer. Und hinsichtlich Essen werden vorsorglich Kocher und Kochset eingepackt, zwei Outdoor-Mahlzeiten, Trailfood (eine spezielle Mischung aus getrockneten Früchten und Nüssen), Brötchen, Müsliriegel sowie eine notgedrungen schnell ertüftelte Porridge-Mischung für das Frühstück. Und da bei Temperaturen unter Null Grad gestartet werden muss, wandert auch einiges an Klamotten mit. Mein Rucksack wird voll.

Meine Züge gen Hessental waren gut besucht. Ich stutzte kurz, waren doch die Züge seit Beginn der Corona-Pandemie eher spärlich besetzt; Doch heute beginnen die Herbstferien, es sind vor allem Urlauber und Ausflügler, die die Verkehrsmittel bevölkern – wie ich eben auch. Wie immer wähle ich die frühest mögliche Verbindung, und treffe noch vor 8 Uhr am Startpunkt ein. Schlau war das nicht, denn: Mit lediglich 23 Kilometern habe ich keine Zeitnot, und werde nun abermals trödeln müssen. Auf der anderen Seite beginnt diese Tour mit dem Aufstieg auf den Einkorn, dessen Turm eine beeindruckende Aussicht bietet; Und die am frühen Morgen – kenne ich, lohnt! Denn die ersten Kilometer sind wieder identisch mit dem alten Bekannten Kocher-Jagst-Trail; Doch obwohl dieser mein zuletzt beendeter Fernwanderweg war – ich verpasse heute zigmal meine Abzweigungen. Oben am Einkorn werden Erinnerungen an den damaligen Aufstieg auf diesen Berg wach: Der einzige Weg aus meiner Richtung ist bei der Höhengastronomie mehrfach mit Schnüren und Hinweisschildern versperrt, hier wäre kein Durchgang und so weiter; Natürlich darf man diese Hindernisse ungeachtet der Schilder überwinden, die gewählten Formulierungen suggerieren lediglich anderes. Aber mal ehrlich: Wie kann man Ausflügler derart vergraulen, könnten diese nicht auch als Kundschaft betrachtet werden? Zum zweiten mal denke ich „hier oben mal übernachten wäre toll“ – und verwerfe diesen Gedanken sogleich wieder: Hier, bei solchen Leuten? Never.

Den Aussichtsturm finde ich verschlossen vor, schade. Aber der Ausblick ist auch so abermals grandios. Der folgende Abstieg auf erdigem Untergrund ist rutschig, der Boden sogar gefroren. Vorsichtigen Schrittes gelange ich von hier vorbei an dornigen Hecken (die mich zu mögen scheinen) weiter in einen Wald. An einem mit etwas Laub statt vielem Wasser gefüllten Wassertretbecken raschelt und bewegt es sich, ich vermute eine Maus gefangen darin; Da dies einem Todesurteil gleich kommt suche ich Holz und lege es so, dass sie auf diesem in die Freiheit gelangen kann. Man sollte meinen, dass Menschen an solche Dinge vorab denken könnten, werden Bauwerke geplant und errichtet. Anderswo spendierte man zum Beispiel extra eine Froschleiter.

Während ich beim letzten Mal auf diesem Wegstück den falschen, zweiten Ausblick „genoss“, fand ich dieses mal den richtigen Weg auf den Bilz. Definitiv lohnenswerte 2× 300 Meter Extraweg. Und Zeit habe ich ja auch. Der Kocher-Jagst-Trail verlässt mich nun, und als nächstes Highlight erreiche ich ein technisches Kulturdenkmal in Form des Kocherstegs Wilhelmsglück: Zwar wurde die alte Brücke restauriert, doch mehr wie eine Person darf sich heute nicht mehr auf diesem eisernen Bauwerk befinden. Nur wenig später bemerke ich: Ich befinde mich tatsächlich nicht mehr in der Hohenlohe, dies ist eine andere Region. Und es wird Zeit für eine richtig lange Pause, schließlich will Zeit verbraucht und Proviant gegessen werden. Aber wie immer: Sucht man einen Rastplatz sind diese wie vom Erdboden verschluckt. Statt dessen folgt ein langes Waldstück mit einem geschotterten Forstweg. Schilder besagen hier dürfe niemand außer Forstarbeitern fahren, doch in dieser Gegend scheinen wirklich alle Menschen auch Forstarbeiter zu sein – selbst der Klempner. Zwei neue Schranken wurden aufgestellt, doch diese stehen freilich offen (ich überlege kurz diese zu schließen…). Und so rauschen hier die Einheimischen mit ihren Autos durch den Wald als wäre dies eine Landstraße. Reichlich Staub wirbelt auf, herzlichen Dank.

Meine Rast findet mangels Alternative auf einem nicht sonderlich großen Baumstumpf statt. Kaum lasse ich mich dort nieder kommt eine Gruppe junger Erwachsener (sieht nach Waldübernachtung aus), und verweilen hier ebenfalls. So hatte ich mir das nicht vorgestellt, ich wollte einsam und in Ruhe mein Essen genießen… Während auch noch die Sonne verschwindet werfe ich meinen Kocher an, und kaum lasse ich mir mein dampfendes Chili sin Carne schmecken fängt es an zu tröpfeln. Weiter auf dem Weg folgt Regen, der mir von nun an erhalten bleiben sollte. Der Abstieg gen Fichtenberg ist ein kleiner, steiler Waldpfad. Solche Wege habe ich heute ein wenig vermisst – im Schwäbischen Wald erwartete ich diese eigentlich zahlreich. Und egal wie sehr ich heute trödelte: Viel zu früh erreiche ich mein Ziel.

Meine Herberge ist wie erwartet „ein wenig anders“; Das Gebäude ist schnell gefunden, doch sich darin zurecht zu finden ist gar nicht so einfach: Es müsste eine Bar und einen Imbiss geben, doch hinter welcher Türe im Eingangsbereich? Hier gibt es Null Orientierung. Hinter einem Vorhang am Ende des Ganges kommt jemand hervor, doch kann kein Wort deutsch oder englisch, zeigt aber auf eine Türe – da soll ich hin. Also gut, jene Türe geöffnet. Jemand ebenfalls Unpassendes schaut mich verdutzt an, wohl ein Bewohner einer kleinen Wohnung hier. Zum Glück erscheint nun der „Wirt“ und zeigt mir mein Zimmer. Dieses sei „ganz neu renoviert“, aber für meine Begriffe ist das … hm, ein diplomatisches „teilweise angemalt mit ein paar neuen Möbeln“; Das genügt für ein Foto, aber einem Blick hält hier nichts stand: Die Klobrille existiert nur zur Hälfte, eine Lampe hängt von der Decke (andere sind besser ohne Funktion), Mülleimer nicht geleert, Montagekram liegt herum und vieles, vieles mehr – praktisch nichts in dieser einstigen Einzimmerwohnung ist in Ordnung. Aber: Ich habe ein Bett! Der nagelneue Fernseher ist mangels Antennenanschluss ohne Funktion, und so stocke ich – um Abends wenigstens etwas lesen zu können – meine nahezu erschöpfte Datenrate auf (wann immer hier Daten sporadisch ankommen mögen). Zum auserkorenen Abendessen ist es nicht weit, und das vermeintlich schwäbische Restaurant führt zu meiner Überraschung eine griechische Karte. Einverstanden! Gut besucht ist es obendrein. Einst bin ich quer durch jenes Land gereist, doch nie war griechisches Essen derart … neutral wie hier. Nicht falsch verstehen: Es war wahrlich kein schlecht zubereitetes Essen, nur machte es mich hier und heute nicht glücklich.

War es dennoch ein schöner Tag? Ja, war es!

Bilder

Etappe 07: Blick vom Einkorn Etappe 07: Abstieg vom Einkorn Etappe 07: bei Michelbach an der Bilz Etappe 07: Kochersteg Wilhelmsglück – ein technisches Kulturdenkmal Etappe 07: Herbstwald


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