11. Etappe:Denkendorf – Altenriet
Video: Etappen 9-11
Checkliste
Region | Fildern |
Länge | 22,5 km |
rauf & runter | ↑ 460 m, ↓ 340 m |
GPX Track | 11.gpx |
Datum | 29.04.2022 |
Wandernotizen
Abermals ist mein Frühstück eher einfach, aber absolut zufriedenstellend. Heute greife ich aber freiwillig und bewusst zum Kaffee… Und abermals starte ich wärmer eingepackt als notwendig, und abermals stoppe ich nach wenigen Metern und bin wieder kurzärmelig. Mein Weg führt mich nun unter der Autobahn A8 hindurch: Steht man unter jener Autobahnbrücke staunt man schon ein wenig, was wir Menschen zu bauen in der Lage sind, und welche Kräfte dieser gegossene Beton aufzunehmen in der Lage sein muss – aber auch, welche Flächen unserer Natur lediglich für solche Brücken vernichtet werden. Und unmittelbar nach dieser Brücke folgt die Bahnbrücke der Neubaustrecke Stuttgart – Ulm.
Ich dachte mir schon, dass es auf der öden Filderebene keinesfalls so schön weiter gehen könnte wie der vorige Tag anteaserte. Aber hoppla, es geht hinab ins Sulzbachtal mit herrlichem Blick! Und das folgende Waldstück bereitet ebenfalls Freude. Und alles ist weit weniger flach als das Wort "Filderebene" suggeriert, also benenne ich die Gegend für mich um: Ich laufe nicht durch die Filderebene hinüber zum Schönbuch, sondern eben einfach durch die Fildern bzw. die Filderregion – auch wenn diese Gegend zur Ebene gerechnet wird.
Ich treffe auf eine pausierende Gruppe Jakobspilger mit riesigen Rucksäcken – sie schleppen deutlich mehr als das doppelte meines Gepäcks, übernachten aber auch nicht in der Natur, sondern in Gasthöfen. Solche Momente zeigen mir: Ich bin längst Vollprofi hinsichtlich fernwandern und Ausstattung, und kann auf viel Erfahrung hinsichtlich dessen, was ich wirklich auch benötige, zurückblicken; Dennoch hätte ich mir gewünscht dieses mal mit einer etwas anderen Ausstattung gestartet zu sein – diese Tour wäre noch leichter und komfortabler umsetzbar gewesen.
Ich gelange an einen herrlichen Flecken mit Bank und Blick ins Neckar- sowie ins Aichtal, und nütze trotz kaum fortgeschrittener Uhrzeit gleich mehrere solcher Flecken ausgiebig. Ich habe ja Zeit. Vermute ich. Denn genau genommen habe ich nur eine Ahnung davon, wie weit und anstrengend dieser Tag sein könnte: Geplant war die Umsetzung dieses Tages so nicht – siehe meine Notizen der vergangenen beiden Tage. Weiter geht es vorbei am Ulrichstein hinab ins Aichtal. Welch herrlicher Abschnitt.
Auf der zweiten Hälfte dieser Etappe erwartet mich nun Freifläche mit viel Asphalt. Die Sonne legt zu, und die frische Brise des Morgens weicht stehender Luft und drückender Hitze. Aber der kilometerlang währende Blick ins Neckartal mit anschließendem Albtrauf entschädigt – man kann sich hieran kaum satt sehen.
Nach Schlaitdorf führt der Weg nochmals bergan, und ich überlege noch eine letzte Rast einzulegen, vielleicht auch etwas zu kochen. Eine akzeptable Bank ist auch vorhanden, doch: Meine Karte zeigt am Ende des Anstiegs eine weitere Bank, die sogar Aussicht verspricht. Ich entscheide mich für diese, nur um dann festzustellen: Nö, lieber nicht. Und so geht es ohne Vesper und ohne Pause weiter. Für meinen Zielort Altenret will eine letzte Senke überwunden werden, und der Blick auf die Uhr verrät: Bis zum Eintreffen meines Busses darf ich einen Puffern von 10 bis 15 Minuten erwarten. Perfekt, denn orientieren bzw. die korrekte Seite der Bushaltestelle finden muss ich ja auch noch.
Doch dann kommt kurz vor dem Ziel alles anders: Ein Rentner spricht mich an, wohin es denn ginge. Ich erkläre "nur noch zum Rathaus, dort steige ich in den Bus". Es ist aber ein alter Abenteurer, der – nun an seinen Rollator gebunden – richtig viel zu erzählen hat; Von Touren über gefühlt alle Gipfel der Alpen ebenso wie Ausflüge in ferne Länder. Er ist kaum zu bremsen, wiederholt einzelne Passagen immer wieder, aber er scheint auch glücklich zu sein jemanden gefunden zu haben, der seine Begeisterung versteht und teilt. Ich überlege schon meine Abfahrt eine volle Stunde zu verschieben, doch wir finden doch noch ein Ende. Mit Volldampf oben an der Bushaltestelle angekommen fährt ein Bus vor. Uhrzeit passt, aber ist das auch meiner? Ich frage den Busfahrer: Nein, ich müsse den gegenüber nehmen. Also fix auf die andere Seite, und schon kommt der nächste Bus. Schnell Mundschutz und Geldbeutel raus, Stöcke zusammenschieben, Kameratasche verstauen, Track speichern, GPS ausschalten und verstauen und nix wie rein in den vollständig leeren Bus. Der Busfahrer erblickt meinen Geldbeutel: Oh je, ob das wohl funktionieren wird? Die Technik bereitet aktuell wohl Probleme. Ich erkläre ich hätte Tagesticket XYZ bereits auf dem Smarty, weiß aber nicht, ob dies auch für diese Fahrt zur S-Bahn gelte. Hat einen Augenblick gedauert, aber es galt. Wir diskutieren ein wenig über den öffentlichen Nahverkehr, über notwendige Verkehrskonzepte und notwendige Umstrukturierungen; Wir sind uns einig, hier könnte und muss man viel nachbessern. Und sein Bus wäre dann auch nimmer leer. Leer bleibt der aber auch so nicht, nur löst oder zeigt niemand sein Ticket: Alle steigen einfach ein, fertig. Drei S-Bahnen weiter nehme ich noch einen Umweg, und gönne mir einen leckeren Erdbeer-Eisbecher.