6. Etappe:Kirchberg an der Jagst – Hertensteiner Mühle

Checkliste

Länge28,6 km
rauf & runter↑ 430 m, ↓ 420 m
GPX Track6.gpx
Datum22.08.2019

 

Wandernotizen

Mein Hotelzimmer bietet eine phantastische Aussicht. Und die zeigt heute morgen neben der phantastischen Aussicht herrliche Nebelfetzen in einem sich ankündigenden Sonnenaufgang. Perfekt für eine Timelapsaufnahme. Doch der Kamera-Akku ist leer, dabei sollte der frisch geladen sein! Was auch immer hier schief ging… Und meine Hose weist einen Riss an einer Naht auf; Unrettbar, die ist hinüber. Zum Glück hatte ich noch ein paar mehr Klamotten eingepackt, um besser auf unterschiedliches Wetter reagieren zu können. Das sollte also kein Problem, sondern nur einen Verlust darstellen. Also auf zum Frühstück! Tee? Da Kaffee bereit steht frage ich nicht weiter nach, bekommen hätte ich ihn sicher. Auch wundere ich mich, dass es nur Süßes zu geben scheint – dabei wird doch dieses Hotel von jener Erzeugergemeinschaft getragen die für Wurst & Käse berüchtigt ist. Irgend wann entdecke ich dann doch noch die Verfügbarkeit einer weiteren Theke, doch für mich ist das Frühstück praktisch schon vorbei. Unterwegs bleibt es wie Tags zuvor: Der pure Abenteuerpfad. Und anspruchsvoll zu begehen. Und das am 30 Kilometer Tag bei steigenden Temperaturen und einem nicht 100%ig fitten Wanderer und falschen Schuheinlagen? Und da schubbert doch was am kleinen rechten Zehen … an der nächste Bank wird gestoppt und Schuh mitsamt Socke ausgezogen: Eine fette Blase. Danke! Nix was mir normalerweise passiert. Immerhin habe ich Blasenpflaster stets dabei. Die Socken sind ein neues Modell, dass ich noch nie beim Fernwandern dabei hatte. Fühlen sich super an, besser als die bewährten. Aber wenn das womöglich das Ergebnis ist? Ich wechsel zurück auf das eine bewährte Sockenpaar, das ich dabei habe. Ob es nun an den Schuhen selbst, den Socken, den Einlagen, ungünstigem Anziehen der Schuhe oder dem vielen Dreck lag den ich beim Wandern in die Schuhe schaufelte – ich werde es nie erfahren. Vielleicht bin ich auch blöd in Schonhaltung gelaufen, da der große Zehen am gleichen Fuß seit Wochen ein wenig schmerzt? Hilft nix, ich weiß: Auch mit dieser Blase stehe ich die Tour vollends durch. Ich hoffe nur, dass es mir nicht den ganzen Spaß am Wandern verdirbt und den Genuss in ein dämliches Durchhalten kehrt. Die letzten Kilometer des Jagststeiges sind extrem sonnig, und direkt am Endpunkt steht ein griechisches Restaurant. Ich überlege kurz und beschließe dort ein erfrischendes Apfelschorle zu trinken. Doch das ist im nu verschwunden, und ich lasse doch die Speisekarte kommen. Ein kleines Souvláki (Mittagskarte: reduzierte Portion) hier ist ein wahrer Genuss und sicher auch eine gute Idee in Anbetracht der Tatsache, dass es kein Abendessen wird geben. Der weitere Weg führt über die befürchtete Hoheloher Ebene: Sonnig, heiß, trocken. Und schön! Ich laufe hierbei erstaunlich viel auf Wiesenwegen und genieße es. Doch so schön es ist bin ich doch froh, als wieder ein waldiges Bachtal meinen Weg begleitet. Der Weg führt mich auf eine kleine Waldwiese, von der kein Weg zu führen scheint. Mein GPS ist hier leider auch keine Hilfe: Dort, wo der Weg sich befinden sollte vermag ich ist nur Dornengestrüpp zu erkennen … doch, Moment mal … hinter dem Gestrüpp am Baum hängt mein Wegzeichen! Wie um alles in der Welt kommt man da hin? Und wo geht es dann weiter? Die letzten zwei Kilometer dieses Tages werden ein Wildnistrip par excellence: Ein mit Brennesseln und was weiß ich zugewucherter "Pfad", Bäume quer drüber, Spinnenweben – beschreiben lässt sich das kaum. Hier will man eine Machete, nein besser: Eine ganz große Motorsäge. Einen solchen Weg setze ich bei OpenStreetMap auf "disused", wenn nicht gar auf "abandoned". Da ist nix mehr, das hat die Natur zurückgefordert, und der Mensch hat es zugelassen. Fix & alle, völlig verschwitzt, mit schmerzenden Füßen und dreckigen Schuhen komme ich an der wunderschönen Hertensteiner Mühle an, und erhalte mein Zimmer. Für heute sieht mich niemand mehr. Nur vielleicht ein paar Zecken. Und da ich lediglich ein paar sicher wandertaugliche Socken dabei habe steht noch Waschen an. Mein Abendessen besteht aus mitgebrachten Nudelsuppen, sowie Landjäger mit Brötchen. Und ich habe hiervon sogar mehr hergeschleppt als ich letztlich zu essen vermag…


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