8. Etappe:Fichtenberg – Lorch
Video: Etappen 7+8
Checkliste
Region | Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald |
Länge | 30,4 km |
rauf & runter | ↑ 590 m, ↓ 570 m |
GPX Track | 08.gpx |
Datum | 31.10.2021 |
Wandernotizen
Dass es zu meiner Übernachtung kein Frühstück gibt stört mich nicht. Mich erwartet eine definitiv fordernde Etappe mit vielen Höhenmetern jenseits der 30 Kilometer, weshalb ich mit dem ersten Tageslicht aufbreche. Und da vergangene Nacht auch noch die lästige Zeitumstellung statt fand heißt das: Noch vor 7 Uhr; Da wäre ich auch in jedem Hotel ungefrühstückt gestartet. Mein Plan: Um spätestens 9 Uhr am Hagbergturm eintreffen, dann sollte diese Etappe zu schaffen sein; Falls nicht, so könnte ich zum Beispiel nach etwas über 20 Kilometer in Alfdorf abbrechen.
Um den Hagbergturm zu erreichen müssen zwei ordentliche Anstiege bewältigt werden, und Forstarbeiten kosten zusätzliche Zeit. Immerhin beginnt dieser Tag schon mit herrlichem Sonnenschein, und ich erreiche mein Ziel trotz der Anstrengungen eine viertel Stunde früher als erwartet. Der Turm sollte an Sonntagen bis Ende Oktober geöffnet sein, folglich wäre heute der letzte unverschlossene Tag des Jahres. Doch um diese Zeit ist hier schlicht noch niemand. Ich beschließe hier zu frühstücken und bereite mir mein Porridge; Mein Gas reicht noch gerade um mein Wasser ausreichend aufzuwärmen, und die gebotene Aussicht hier oben ist auch ohne Turmbesteigung schlicht grandios. Und so genieße ich sowohl diesen Flecken als auch mein warmes Frühstück – trotz des frischen, stetigen Windes hier oben, der noch immer erfolgreich gegen die zunehmend wärmende Sonne anficht.
Bäume versperren meinen Waldweg. Richtig viele Bäume. Während zu Beginn noch einen Schneise durch das Gehölz gesägt wurde wird es zunehmend schwieriger, diese Hindernisse zu überwinden. Zuletzt darf ich ein wenig hochklettern, um anschließend einer Höhle gleich die Baumkrone zu durchtauchen bzw. durchkriechen. Ich werde bei dieser Aktion ebenso wie meine Ausrüstung ordentlich dreckig – mein schöner neuer Rucksack hat ordentlich gelitten, ich fluche innerlich. Ich gelange rückseitig zu einer Wegsperrung, Lebensgefahr. Ich fluche abermals, meine Laufrichtung wies keine solche Sperrung auf! Auch solche Dinge durfte ich auf meinen Wanderungen schon mehrfach erleben. Eine sinnvolle Umgehung hätte es an dieser Stelle allerdings auch nicht gegeben…
Doch der folgende Weg sollte dieses hässliche Intermezzo vergessen lassen: Wikipedia zählt weit über ein Dutzend Fließgewässer mit dem Namen „Rot“ auf, doch dieses hier bietet sicherlich das schönste Flusstal von allen. Und das bei herrlichstem Sonnenschein – die Temperaturen klettern sogar auf satte 20°C! Und da mit fortschreitender Zeit auch andere wissen „idyllisch & Sonne“ wird es voller: Gassigeher, Spaziergänger und Radfahrer bevölkern meine Wege fortan überall dort, wo sich ein Parkplatz auch nur in der Nähe befindet. Ein Radfahrer gesellt sich neben mich und sucht das Gespräch zum Thema „Nächtigen im Wald“ – ist doch jetzt so leicht möglich mit der verfügbaren Ausstattung, und das ist doch toll usw.; Ich erkläre ich könnte das zwar machen, tue das aber aus Respekt gegenüber Natur und Tieren nicht, und finde, wir Menschen beanspruchen ohnehin schon viel zu viel Raum – wir sind schlicht auch zu viele, als dass man wild campen verantworten könnte. Leider. Er ist zufrieden und fährt hinfort. Ich bin mir daraufhin sicher: Dies war ein Förster oder Ranger dieser Region, der hier nach dem Rechten schaute und prüfte, ob ich wild genächtigt hatte. Bestanden.
Bei den Ausflüglern fällt mir eines auf: Alle verbleiben an diesem Tag in warmen Winterjacken, teils gar mit Mützen. Eine meiner Mützen hätte ich heute auch gerne, den Sonnenhut – nicht aber die winterliche Variante. Wie sehr muss man vom Realen entkoppelt sein um nicht einmal mehr die Temperatur zu fühlen? Es ist definitiv längst T-Shirt Wetter, auch ohne sportliche Betätigung. Und noch etwas fällt mir an diesem Tag auf: E-Bikes werden nicht unterstützend genutzt, dienen gar nicht dazu sich zu bewegen – viel mehr ist es für das Klientel ein genügsames Motorrad; Zwar suggerieren deren Klamotten sportliche Höchstleistungen, aber schnaufen tun die nie, das wird vermieden wie es nur geht. Gekauft werden die Dinger vermutlich unter der Prämisse „Gesund & Bewegung“; Selbstbetrug & Chance vertan, würde ich sagen.
Ich erreiche abermals eine Sperrung: Hangrutsch. Fahrradfahrer aber frei. Letzteres lässt in meinem Hirn spontane Fragezeichen aufpoppen: Eine Sperrung, aber nur nicht für Fahrradfahrer? Ich beschließe diese zu ignorieren – wo Radler sicher hindurch gelangen sollte Fußgängern dies ebenfalls gelingen. Alsbald erreiche ich das Gegenstück der Sperrung, aber: Wo bitte war der mir versprochene Hangrutsch?
Alfdorf scheint ein besuchenswertes Städtchen zu sein, doch wie immer: Nix wie durch, ich will in die Natur. Und da erst die Mittagszeit erreicht ist sollten die verbleibenden 10 Kilometer auch kein Problem mehr darstellen – diese Mammutetappe kann auch im tiefsten Herbst bewältigt werden! Viel Asphalt fordert mich zum flotten Kilometerfressen ein. Und ehrlich: Nie war Asphaltlaufen schöner als hier – mit einem herrlichen, omnipräsenten Blick in weite Landschaften; Nur der Wind hat auf dieser Anhöhe leichtes Spiel. Doch ganz so einfach sollte es nicht bleiben, es folgte abenteuerlicheres:
Wurzelpfade, steile und verschlungene Wege, herrlicher Wald. Um eine Biegung herum blicke ich auf den Hohlen Stein, einem kleinen Wasserfall, den man teils einer Höhle gleich umrunden kann – hinter dem Wasserfall. Kenne ich doch…? Kenne ich: Den Großteil des restlichen Weges lief ich fünf Jahre zuvor auf einem Tagesausflug. Ich erinnere mich an den Elefantenstein, nur 200 Meter vom Weg entfernt … und besuche ihn dennoch nicht. Der Ab- und Aufstieg zur Querung des Mühlbaches hat es in sich … war das damals wirklich derart steil und anstrengend, oder bin ich nur schlapp und alt? Aber ich habe heute schon ordentlich Kilometer und heftige Anstiege gemeistert, da darf dies hier & jetzt anstrengend sein. Die untere Schillergrotte besuche ich dennoch, auch wenn der Stichweg dorthin und zurück nicht ganz ungefährlich ist. Toller Flecken!
Und sogleich folgt das nächste Highlight: die Schelmenklinge. Die kannte ich zu meiner Verwunderung noch gar nicht! Der Abstieg ist abermals steil, und ich höre … Gebimmel? Ist das steilste Stück geschafft, folgt eine vollständig von Menschenhand gestaltete Schlucht, hier ist nichts mehr Natur; Im Bächlein treiben zahlreiche Wasserräder kleine Gerätschaften an, und sorgen so zum Beispiel für eben jenes zuvor vernommene Gebimmel. Toll für Kinder und Familien, ich fand das schade. Aber so ist das wohl: Manche Natur muss geopfert werden, damit andere bewahrt werden kann.
Keine 3 Kilometer vor meinem Ziel stelle ich fest, dass ich einen frühen Zug erreichen könnte indem ich mich nun richtig beeile. Aber es ist viel zu schön, und einen herrlich gelegene Bank unter einer wunderschönen und mächtigen Eiche wird gerade frei. Und da ich noch immer vor meiner eigentlichen Zeitplanung liege: Ich mache Rast und beschließe eben den nachfolgenden Zug einen Stunde später zu nehmen. Und hier passiert es: Eine junge Dame mit einem unelektrischen Fahrrad grüßt fröhlich und ist: ohne Jacke und Kaputze, dafür im T-Shirt! Es besteht doch noch Hoffnung.
Welch gelungener Abschluss für dieses Jahr auf diesem Weg. Danke!